P r o f. D r. W a l t e r S a l m e n † |
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† Walter Salmen wurde am 20. September 1926 in Paderborn geboren und starb am 2. Februar 2013 unerwartet nach kurzem Leiden in Freiburg i.Br. Seine Karriere als Musikwissenschaftler begann nach dem Studium der Musikwissenschaft, Geschichte, Philosophie, Komposition und Orgel an der Universität Heidelberg, am dortigen Kirchenmusikalischen Institut und der Promotion im Jahr 1949 an der Universität Münster. 1958 wurde er an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken habilitiert und dort im Jahr 1961 Dozent. 1966 folgte er einem Ruf als Direktor des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Kiel, 1972 ging er als Vorstand des Musikwissenschaftlichen Instituts an die Universität Innsbruck. Wiederholt wurde er von den Universitäten Illinois in Urbana Champaign, der City University of New York, der University of Minnesota in Minneapolis, der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv oder der Université Fribourg in der Schweiz zu Gastprofessuren eingeladen; im Jahr 1994/1995 hatte er dort die Wolfgang Stammler Gastprofessur für germanische Philologie inne. Nach der Emeritierung im Jahr 1992 wechselte er nach Kirchzarten bei Freiburg i.Br. Die Universität Freiburg ernannte ihn zum Honorarprofessor. 1994 zeichnete ihn das Land Tirol für seine Verdienste in der Kulturpolitik und Wissenschaft des Landes mit dem Verdienstkreuz aus. In mehr als 40 Büchern, als Initiator und Herausgeber von Publikationsserien, in Konferenzberichten der von ihm regelmäßig veranstalteten Fachtagungen und in seinen Aufsätzen ging es ihm stets um das gesamte Wirkungsspektrum der Musik. Sein Fachverständnis war geprägt von einem interdisziplinären, insbesondere sozialhistorischen Blick. Er gehört zu den Nestoren der Musikikonographie, den Gründungsmitgliedern der Forschungsgruppe RIdIM (Répertoire International d’Iconographie musicale), zu deren Ehrenmitgliedern er 2012 gewählt wurde, und der Tanzwissenschaft. Zu Standardwerken wurden „Der fahrende Musiker im europäischen Mittelalter“ (Kassel 1960, ²1983) und seine für die von Heinrich Besseler in Leipzig begründete Serie „Musikgeschichte in Bildern“ veröffentlichten Bände: „Haus- und Kammermusik“ (1969, 21982 u.ö.), „Musikleben im 16. Jahrhundert“ (1976 u. ö.), „Tanz im 17. und 18. Jahrhundert“ (1988), „Tanz im 19. Jahrhundert“ (1989, ins Japanische übersetzt, Tokyo 1987 u.ö.). Das gemeinsam mit Norbert J. Schneider herausgegebene Handbuch „Der musikalische Satz“ (Innsbruck 1987) war das Ergebnis des von ihm ins Leben gerufenen Komponistenforums der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (ARGE Alp). Mit dem Band „Der Tanzmeister. Geschichte und Profile eines Berufes vom 14. bis zum 19. Jahrhundert“ (Hildesheim 1997) wurde im Verlag Georg Olms die Serie „Terpsichore“ begonnen. Mit dem Band „Das Konzert“ (München 1988 u. ö., ins Japanische übersetzt, Tokyo 1994 u. ö.) legte er eine kritische Kulturgeschichte der Institution Konzert vor. Seine Publikationen zu Leben und Werk des letzten Kapellmeisters König Friedrich II. von Preußen, Johann Friedrich Reichardt, ziehen sich durch sein gesamtes Œuvre. Bis zuletzt wurde er nicht müde, das Interesse auf diese Persönlichkeit zu lenken, deren Bedeutung als Komponist, reflektierender kritischer Beobachter und Mitgestalter der kulturpolitischen Wende nach der Französischen Revolution verkannt wird. 1963 legte Walter Salmen eine Reichardt-Biographie (Hildesheim ²2003) vor, in zwei Bänden folgte 1964 und 1970 die kritische Gesamtausgabe der Goethe-Vertonungen Reichardts („Goethes Lieder, Oden, Balladen und Romanzen mit Musik“, in: Das Erbe Deutscher Musik, Bd. 58 u. 59). Im Jahr 2002 gab er gemeinsam mit seiner Frau und Volkmar Braunbehrens den kommentierten Briefwechsel Reichardts mit Johann Wolfgang Goethe heraus (Weimar 2002), im gleichen Jahr erschienen die Autobiographie des Komponisten („Der lustige Passagier“, Berlin 2002) und ein Katalog, die die Reichardt-Ausstellung des Goethe-Museums Düsseldorf begleitete. Um Reichardt und die Literatur ging es in einer von ihm geleiteten Fachtagung im Goethehaus in Weimar, deren Ergebnisse 2003 in einem Sammelband veröffentlicht wurden. Posthum wird 2013 im Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung, Berlin (SIM) sein Aufsatz über Reichardts „Cantus lugubris“, die Funeralmusik für König Friedrich II. erscheinen. Mit seinen jüngeren Arbeiten zur Kulturgeschichte des Gartens („Gartenmusik, Musik – Tanz – Konversation im Freien“, Hildesheim 2006) oder zur Geschichte des niederen Dienstes der „Calcanten und Orgelzieherinnen“ (Hildesheim 2007) legte er vielbeachtete Untersuchungen zu Forschungsdesiderata vor und betrat Neuland. Von 2004 bis 2009 gab er im Auftrag der Gesellschaft Musikgeschichte in Baden-Württemberg gemeinsam mit seiner Frau und Markus Zepf das „Jahrbuch Musik in Baden-Württemberg“ heraus. Zu seinem 80. und 85. Geburtstag wurden an den Universitäten Freiburg und Innsbruck Fachtagungen veranstaltet, die die Bedeutung des Tanzes in den Künsten thematisierten. Der ihm gewidmete Band „Der Tanz in den Künsten“ erschien 2009 in Freiburg, der Druck der Beiträge zur Innsbrucker Tagung, die den „Tanz in der Dichtung“ fokussierte, ist als Memorialband in Vorbereitung. 2011 konnte er auf vielfaches Drängen seine Autobiographie in der Reihe „Lebensberichte – Zeitgeschichte“ des Georg Olms Verlages vorlegen, die er unter eine Verszeile des Liedes „Ich spring an diesem ringe“ aus dem Lochamer Liederbuch (1460) stellte, das ihn ein Leben lang begleitet hatte: „Nu pin ich worden alde … .“ Mit dem Untertitel: „Begegnungen und Verweigerungen im Leben eines Musikwissenschaftlers“ zog er die Bilanz seines schon zu Beginn vom Mut zu einem nonkonformen Wissenschaftsverständnis geprägten Lebens und legte zugleich einen Zeitzeugenbericht über die Anfänge des Faches Musikwissenschaft nach dem 2. Weltkrieg vor. Sein letztes abgeschlossenes Buchprojekt ist eine umfangreiche Studie zum Thema Tafelmusik (Drucklegung in Vorbereitung). Bis zum Schluss blieben seine Forschungsprojekte mit interdisziplinärem Blick sozialgeschichtlich orientiert. Zunehmend generierte er seine Fragestellungen aus der Vertiefung in die Neuere Deutsche Literatur. Erstmals ist ein Verzeichnis seiner Schriften in der zu seinem 65. Geburtstag vorgelegten Festschrift „Musica Privata“ (Innsbruck 1991, S. 397–413) zusammengestellt worden. In der Autobiographie wird sein wissenschaftliches Œuvre bis 2011 geführt. Die Homepage vermittelt eine autorisierte Gesamtbibliographie.
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